Begegnung mit Osteuropa
Die Schulpartnerschaft des Kölner Montessori-Gymnasiums mit dem
I.Liceum Ogólnoksztalcace im. Staszica in Lublin, Polen
Seit dem Herbst 2000 unterhält das Montessori-Gymnasium in Kooperation mit dem
Georg-Büchner-Gymnasium Köln eine Schulpartnerschaft mit dem
I. Liceum Ogólnoksztalcace im. Staszica in Lublin/ Ostpolen.
Von seinem Profil her ist das Austauschprogramm dem Fachbereich Geschichte zuzuordnen und ermöglicht darüber hinaus auch teilweise die Begegnung der beiden Seiten in der gemeinsamen Fremdsprache Englisch. In der Regel nehmen Schüler der
Jahrgangsstufen 9 und 10 an diesem Austausch teil.
Lublin ist die größte Stadt östlich der Weichsel in der Nähe der weißrussischen Grenze.
Als Bildungszentrum in Ostpolen verfügt die Stadt über 2 Universitäten und 3 weitere Hochschulen, die mit ihren zahlreichen Studenten zum besonderen Flair der Stadt beitragen.
Nach einer Veröffentlichung des Ministeriums für Schule, Weiterbildung, Wissenschaft und Forschung des Landes NRW in Zusammenarbeit mit dem Deutsch-Polnischen Jugendwerk in Warschau, bestehen bisher 700 Schulpartnerschaften allein zwischen nordrhein-westfälischen und polnischen Schulen (schwerpunktmäßig Oberschlesien), wobei der Anteil der ostpolnischen Schulen erst 4% beträgt. Gerade diese Region Polens ist jedoch u.a. wegen ihrer weitreichenden, unberührten Naturreservate besonders reizvoll.
Bei der Partnerschule handelt es sich nicht nur um das angesehenste Gymnasium in Lublin, sondern auch um eine Eliteschule, die nach der nationalen polnischen Ranking-Liste zu den acht besten Gymnasien Polens zählt.
Im März 2008 wurde die Schule anlässlich eines Wettbewerbs von einer renommierten Zeitschrift als beste Schule der Wojewodschaft Lublin (welche einem deutschen Bundesland entspricht) in einem offiziellen Festakt ausgezeichnet.
Bei der polnischen Partnerschule handelt es sich um ein gut ausgestattetes Gymnasium, dessen Schülerklientel zum größten Teil aus akademischen Elternhäusern stammt.
Die Schüler haben an vielen von der Universität ausgeschriebenen Wettbewerben teilgenommen und zahlreiche Geld-Preise gewonnen, mit denen u.a. die EDV-Ausstattung der Schule auf einen sehr guten westlichen Standard gebracht werden konnte.
Deutsch als zweite Fremdsprache wird in den Profilklassen 6-stündig unterrichtet, so dass die meisten Schüler erfahrungsgemäß keine Verständigungsschwierigkeiten haben.
Darüber hinaus sprechen alle Schüler Englisch und einige auch Französisch, so dass die Möglichkeit zur Kommunikation auch in einer gemeinsamen Fremdsprache gegeben ist.
Das Interesse an Deutschland und den Deutschen ist seitens der Schüler und ihrer Eltern ausgesprochen groß.
Herr Janowski, der Vorgänger des jetzigen Schulleiters, Herrn Ston, hat seine Pläne für ein großes Ost-West-Begegnungszentrum, in das auch Russland und die baltischen Staaten einbezogen werden sollen, bereits architektonisch umsetzen lassen.
Seit dem Eintritt Polens in die EU wird daran gearbeitet, dieses Konzept zu realisieren.
Das Besondere einer Schulpartnerschaft mit einer osteuropäischen, speziell einer polnischen Schule, liegt in der historischen Dimension, welche eine solche Begegnung zu einer besonderen Herausforderung macht. Schulpartnerschaften mit osteuropäischen Schulen, speziell mit Polen, wird ein hoher politischer Stellenwert beigemessen, was sich nicht zuletzt auch an den diese Projekte fördernden Organisationen festmachen lässt.
Für die Schüler und Schülerinnen beider Länder kommt jedoch neben der politischen vor allem auch der menschlichen Dimension dieser Begegnung eine besondere Bedeutung zu.
Diese besondere Bedeutung der Schulpartnerschaft liegt in der historischen Ausrichtung, welche – ausgehend von der besonderen Verantwortung unseres Volkes dem polnischen Volk gegenüber – den Jugendlichen als übergreifende Zielsetzung Zukunftsperspektiven in einem vereinten Europa erschließen soll.
Dieses Ziel soll durch das Kennenlernen des anderen sowie durch den Abbau gegenseitiger Ressentiments auf historischer und kultureller Ebene anhand der Projektorientierung dieser Schulpartnerschaft erreicht werden. Das gegenseitige Kennen- und Schätzenlernen vollzieht sich im gemeinsamen Tun. Auch der Besuch von Gedenk- und Begegnungsstätten
(z.B. ehemalige Konzentrationslager, aber auch Stätten des deutschen Widerstandes, wie
etwa das Schloss des Grafen Moltke in Kreisau/ Niederschlesien) dient diesem Ziel.
Das Anliegen der am Austauschprogramm beteiligten Kollegen ist es, in unterschiedlichen Bereichen Projektvorschläge zu erarbeiten. Diese beziehen sich z.B. auf die Bereiche ?Geschichte und Kulturdenkmäler?, ?Neue Medien?, ?Theater?, ?Ökologie? und ?Interkulturelles?.
Im Anschluss an die Lublin-Aufenthalte der Kölner Schüler bzw. während der Aufenthalte in Polen finden bilaterale Workshops statt, in denen die thematischen Schwerpunkte aufbereitet werden mit dem Ziel ihrer Dokumentation. Die Arbeitsergebnisse werden der Schulöffentlichkeit beider Gymnasien an den Tagen der Offenen Tür in Form einer Ausstellung präsentiert.
Durch die Austausch-Maßnahmen entwickeln sich immer wieder freundschaftliche Kontakte unter den Schülern, die auch eine Wirkungsgeschichte nach Abschluss der Programme haben, z.B. durch fortgesetzte e-mail-Kontakte gegenseitige Ferienbesuche oder Praktika im anderen Land.
Nicht nur auf der internationalen Ebene bleiben die Kontakte vielfach erhalten, sondern es ist auch ein jahrgangsstufenübergreifendes Netzwerk von freundschaftlichen Beziehungen innerhalb und zwischen den beiden Kölner Schulen entstanden ? ein sozialer Nebeneffekt, den vor allem die Eltern sehr begrüßen!
Im Jahre 2003 stand bei unserem Lublin-Besuch die Unterzeichnung des Partnerschaftsvertrages zwischen dem Lubliner und den beiden Kölner Gymnasien im Mittelpunkt.
Das Ereignis wurde mit der gesamten Schulöffentlichkeit in einer großen Festveranstaltung begangen. An dem offiziellen Festakt zur Vertragsunterzeichnung nahmen Repräsentanten aus verschiedenen Bereichen des öffentlichen Lebens teil. Anwesend waren u.a. der Oberbürgermeister von Lublin, der Rektor der Universität, Vertreter des polnischen Schulministeriums, der Vertreter der Botschaft, der Wojewodschafter (entspricht dem Ministerpräsident eines Bundeslandes bei uns), die Elternschaft sowie die Presse und das Fernsehen.
Dieser Akt kann insofern als historisches Ereignis bezeichnet werden, als diese angesehene Traditionsschule in Lublin zum ersten Mal in ihrer über 460-jährigen Geschichte den Wunsch hatte, einen Partnerschaftsvertrag mit zwei Schulen in Westeuropa zu schließen. Dies ist umso bemerkenswerter, als die Schule im Laufe der Jahre mit 24 europäischen Schulen Austauschprogramme unterhalten hat und immer wieder mit Schulen aus anderen Ländern kooperiert – dies jedoch immer wieder nur zeitlich begrenzt.
So besteht bis zum heutigen Tag ausschließlich mit den beiden Kölner Gymnasien ein Partnerschaftsvertrag. Von Beginn an wurde diese sehr freundschaftliche Beziehung
zwischen den Schulen intensiv mit Leben und interessanten Aktivitäten gefüllt.
Die für die einzelnen Austauschmaßnahmen entwickelten facettenreichen Programme wurden von den Programmteilnehmern beider Seiten (Schüler und Eltern beider Länder) immer wieder als ausgesprochen lehrreich, interessant und auch in zwischenmenschlicher Hinsicht als sehr bereichernd gelobt.
Die Konzeption der Austausche ist in besonderer Weise dazu geeignet, sich gegenseitig besser kennenzulernen und die bestehenden Vorurteile abzubauen.
Im Herbst 2007 ehrte das Lubliner Gymnasium die beiden deutschen Austauschkoordinatoren und die Schulleiter der beiden Kölner Gymnasien aufgrund ihrer großen Verdienste um die deutsch-polnischen Beziehungen mit der nur selten verliehenen Ehrenmedaille des Gymnasiums.
Für das Georg-Büchner-Gymnasium erhielten Herr Andreas Stawinoga und die Schul-leiterin, Frau Beatrix Görtner, die Auszeichnung.
Für das Montessori-Gymnasium nahmen Frau Petra Eilers-Stawinoga und die inzwischen verstorbene Schulleiterin, Frau Elisabeth Hack, diese Auszeichnung entgegen.
Die Ehrungen fanden im Rahmen eines großen Festaktes anlässlich des 470-jährigen Schuljubiläums statt, zu dem die deutsche Delegation eigens eingeladen wurde.
Wir wünschen uns, dass wir noch über viele Jahre hinweg unsere Schüler und Schülerinnen für die Teilnahme an diesem lohnenden Austauschprojekt begeistern können, damit an die Stelle von Vorurteilen persönliche Erfahrungen mit unserem großen östlichen Nachbarn sowie gegenseitige Wertschätzung treten werden.
Petra Eilers-Stawinoga