Schon kleine Kinder stellen die großen Fragen des Lebens: „Wie ist die Welt entstanden?“, „Wohin kommt man, wenn man tot ist?“ oder „Wie sieht es eigentlich im Himmel aus?“ Wenn die Kinder älter werden, lauten ihre Fragen: „Hat mein Leben einen Sinn und ein Ziel?“, „Wie kann ich glücklich werden?“ „Was ist gut, was ist böse?“ „Woher kommt das Leid in der Welt?“ oder „Existiert Gott überhaupt?“ Wenn Kinder und Jugendliche in der Bundesrepublik solche Fragen stellen, dann werden diese von Menschen mit unterschiedlicher religiöser bzw. weltanschaulicher Herkunft und Lebensweise beantwortet.
Die Religion bildet nach wie vor einen Teil unserer Lebenswelt, und auch diejenige oder derjenige, die oder der in einer nicht religiös sozialisierten Familie aufwächst, begegnet ihr im Alltag durch religiöse Gebäude, Rituale, Lebensweisen, Überzeugungen und Symbole. So prägt die Religion unsere Kultur und Gesellschaft ähnlich wie die Wissenschaft, die Politik und die Wirtschaft. Angesichts der beschriebenen Vielfalt an Möglichkeiten, der Kinder und Jugendliche in unserer pluralistischen Gesellschaft gegenüberstehen, ist es gar nicht so einfach, die großen Fragen des Lebens zu beantworten. Was kann also Sinn und Ziel religiöser Bildung am Montessori-Gymnasium unter den Bedingungen der Gegenwart sein?
Ziele und Perspektiven
Wir Religionslehrer und -lehrerinnen sind uns – unabhängig von der jeweils unterschiedlichen konfessionellen Schwerpunktsetzung unseres Unterrichtes – darin einig, dass der Wert religiöser Bildung auch danach zu beurteilen ist, inwieweit sie Schüler und Schülerinnen eine Abscheu vor Unmenschlichkeit einzupflanzen vermag. Inwieweit hat sie dazu beigetragen, junge Menschen glücksfähig zu machen? Inwieweit hat sie schließlich so etwas entwickeln können wie eine Wachheit für letzte Fragen?
Da wir alle um die zerstörerischen Folgen von Intoleranz und Fanatismus, aber auch von Gleichgültigkeit und Beliebigkeit wissen, erscheint es uns wichtig, dass der Religionsunterricht Kindern und Jugendlichen dazu verhilft, religiöse Weltdeutungen und Lebensmuster zu verstehen, dass er sie v.a. in die Lage versetzt, eine eigene Haltung gegenüber religiösen Fragen zu entwickeln und dass er sie zu religiöser Toleranz und Dialogfähigkeit erzieht. Das zentrale Lernziel unseres Religionsunterrichts besteht demnach letztlich darin, die jungen Menschen auf den Weg zu bringen, ihnen Aufgaben zu stellen, die sich in der Spannung zwischen Identität und Verständigung, in der Spannung zwischen Beheimatung und Begegnung bewegen.
Darüber hinaus sehen wir eine unaufgebbare Aufgabe des Religionsunterrichts darin, Sorge dafür zu tragen, dass im Religionsunterricht die am Montessori-Gymnasium etablierte Lernkultur des Innehaltens, der produktiven Verlangsamung nicht in Vergessenheit gerät. Auch die interdisziplinäre Vernetzung des Religionsunterrichts mit Kunst, Musik, Geschichte und Literatur schafft im Religionsunterricht produktive Begegnungen und Verbindungen unter den Fächern an unserer Schule.
Ökumenische Zusammenarbeit und Schulgottesdienste
Die lange Tradition ökumenischer Zusammenarbeit zwischen den beiden Fachkonferenzen ev. und kath. Religionslehre wird u.a. immer wieder sichtbar in den ökumenischen Schulgottesdiensten, zu denen sich die Schülerinnen und Schüler, die Lehrerinnen und Lehrer mit den Eltern regelmäßig vor Weihnachten und Ostern sowie am Tag der Einschulung in unser Gymnasium und beim Abiturgottesdienst in der kath. St. Rochus-Kirche versammeln und auf das besinnen, was letztlich für das „Funktionieren“ einer Schule, für das Zusammenleben von Schülerinnen und Schülern und Lehrerinnen und Lehrern wesentlich ist: Der Glaube, dass wir Menschen uns nicht absolut setzen, sondern abhängig wissen von einem Größeren und Anderen, den wir Gott nennen.
Beispiele aus dem Unterricht und Außerunterrichtliches
„Hier stehe ich. Ich kann nicht anders.“ (Martin Luther): Lutherausstellung zum Reformationsjubiläum 2017
Das Reformationsjubiläum nahmen die Fachschaften Religion am Monte zum Anlass, im Religionsunterricht mit allen Klassen und Kursen der Schule ein Luther-Projekt durchzuführen, welches in eine Ausstellung mündete. Thematisiert wurden verschiedene Schwerpunkte:
- „Hier stehe ich …“ – Luthers Leben
- „Dem Volk auf’s Maul schauen“ – Luthers Bibelübersetzung und die deutsche Sprache
- „Musik ist ein reines Geschenk und eine Gabe Gottes“ – Das reformatorische Programm im musikalischen Gewand
- „Wie werde ich vor Gott gerecht?“ – Luthers Rechtfertigungslehre
- Bauernkrieg und Antijudaismus: Luther kritisch betrachtet
- Karikaturen der Reformationszeit
Hören, sehen, staunen – für fast alle Sinne war bei der Ausstellung etwas dabei. Die Monte-Bibel mit den vielen, höchst künstlerisch gestalteten Seiten, kleine Filme zu Luthers Leben oder seiner Rechtfertigungslehre, Hörbeiträge zu seinen Liedern, eine eigene Psalmvertonung in Hommage an den Liedermacher Luther, Spiele zur Sprachgewalt Luthers, Power Point Präsentationen zu Antijudaismus und Bauernkrieg, selbstverfasste Fabeln, „Nimm dir, was du brauchst“-Tür-Aktion in Anlehnung an Luthers Thesenanschlag, ein Online-Quiz zu Luthers Leben und viele informative Plakate, u.a. auch zu den Karikaturen der Reformationszeit oder Luthers bahnbrechender Bibelübersetzung, konnten die Ausstellungsbesucher begeistern und eröffneten ganz eigene Wege zum großen Reformator.